„Hier leben wir die Kinderrechte!“
Nicht zu übersehen ist die Serie von Schwarzweiß-Fotos, die im Flur der Kita hängen: Ein Kind baut ein Legogebäude, ein anderes findet Trost bei einer Erzieherin, ein drittes reckt seine Hand dem Betrachtenden entgegen, auf ihr steht "Stopp!". Für die Wandgalerie hat eine Mitarbeiterin der Kita die zehn Kinderrechte, die das Team für das Projekt ausgewählt hatte, fotografisch in Szene gesetzt. Bevor die Bilder beschriftet wurden, gab es eine Aufgabe für die Eltern: Sie sollten den Fotos das passende Recht zuordnen. Auf diese Weise lernen alle dazu, denn das Projekt heißt "Kinderrechte gemeinsam nachhaltig umsetzen".
"Das Team hat die Rechte ausgesucht, die im Erziehungsalltag wichtig sind, wie das Recht auf eine gewaltfreie Erziehung", erklärt Einrichtungsleitung Karin Schlicht. Auch wichtig: Dass auch die Kleineren sie verstehen können, denn die Kita-Kinder sind zwischen null und sechs Jahre alt.
Dass es gelungen ist, sei täglich zu beobachten: "Gerade die Stopp-Regel benutzen die Kinder häufiger als früher. Dass keiner irgendwen hauen kann, können auch die kleinsten Kinder verstehen und auch selbst sagen", erklärt die Kita-Leiterin. Es sei den Kindern jetzt auch bewusst, dass niemand über sie entscheiden oder Macht ausüben kann. "Auch im Konflikt, wenn jemand etwas angestellt hat, werden die Kinder bei uns grundsätzlich gehört", sagt die Kita-Leiterin.
Ein weiterer Baustein: Die Eltern bekommen jetzt gleich bei der Anmeldung ein Pixi-Buch zum Thema geschenkt. Insgesamt seien die Reaktionen auf das Projekt positiv ausgefallen. "Manche haben berichtet, dass sie sich zu Hause etwas anhören müssen. Aber dass wir die Kinder stärken, kam gut an", so Karin Schlicht.
Die Kinder verstehen ihre Rechte und können laut Einrichtungsleitung im Gespräch viele Gedanken dazu formulieren. "Zum Recht auf Spiel und Freizeit sagen schon Zweijährige: "Spielen ist wie Arbeiten". Oder das Recht auf Gesundheit heißt für sie: "Ich brauche ein Pflaster!", ganz in dem Bewusstsein: "Mir muss geholfen werden".
Hoch im Kurs stehe der Kinder-Mutmach-Rap:
Hand aufs Herz
mal hören was es sagt
meine Gefühle sind richtig und wichtig
deine Gefühle sind richtig und wichtig
Ich sag Nein
lass das sein
Grenzen setzen - nicht verletzten!
ein gutes Geheimnis behalte ich für mich
ein schlechtes Geheimnis sage ich weiter
Ich kann helfen und mir Hilfe holen
doch eins sag ich dir: mein Körper gehört mir!
Karin Schlicht ist froh, dass ihre Kita für das Projekt ausgewählt worden ist, im Tandem mit der Gießener Kita St. Elisabeth. "Der Umgang miteinander war bei uns auch schon vorher gut. Wir kannten die Kinderrechte. Aber durch das Projekt sind sie noch einmal allen bewusst geworden, in den Vordergrund gerückt". Ihr ist es ein Anliegen, dass es damit weitergeht die Rechte im Kita-Alltag zu leben. Ihrer Einschätzung nach wüssten viele Menschen wenig darüber. Das sollte sich dringend ändern: "Kinder gehören zur Gesellschaft, sie haben was zu sagen, sie müssen gehört werden. Sie haben eben Rechte."