Fachverbände wir der Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) setzen jetzt große Hoffnung in die Arbeit des zuständigen Bundestagsausschusses für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der unter anderem dafür zuständig ist, die Istanbuler Konvention umzusetzen, die in Deutschland bereits unterzeichnet und ratifiziert worden ist. Wesentlicher Punkt ist das Recht betroffener Frauen auf Schutz vor Gewalt, das nun in einem Gesetz verankert werden soll. Der Gießener Bundestagsabgeordnete der SPD, Felix Döring, ist Mitglied des Ausschusses und hat das Frauenhaus des SkF Gießen besucht, um mehr über die Einrichtung, die Situation der Klient:innen und die Arbeit der betreuenden Personen zu erfahren.
Für die Träger von Fachberatungsstellen und Frauenhäusern wie den SkF bedeutet ein gesetzlicher Rahmen, dass endlich ihre Finanzierung auf sichere Beine gestellt wird. Hier hakt es bisher im Hilfesystem. "Unser Frauenhaus ist regelmäßig voll ausgelastet. Wir stoßen an unsere Grenzen" berichtet die Leiterin des Frauenhauses. "Frauen aus sozial schwierigen Verhältnissen können den Eigenanteil für die Unterkunft im Frauenhaus häufig nicht bezahlen. Hier muss die Politik dringend Abhilfe schaffen, so dass auch schutzsuchende Student:innen oder Frauen ohne Aufenthaltsstatus aufgenommen werden können." Ihr liegen auch besonders die Kinder am Herzen, die im Frauenhaus unterkommen. Von einer angemessenen psychosozialen Versorgung hänge es ab, ob sie ihre Traumatisierung durch die Gewalt, die sie als "Zuschauer" erleben, überwinden. "Das darf keine Frage der Kosten sein".
"Wir erwarten in der kommenden Legislaturperiode wesentliche Fortschritte in der Umsetzung der Istanbul-Konvention", sagt Yvonne Fritz, Geschäftsführerin des SkF Ortsverbandes in Gießen. Der Verein ist nicht nur Träger eines Frauenhauses mit acht Plätzen, sondern unterhält auch die Beratungsstelle IST. Interventionsstelle gegen häusliche Gewalt. "Nicht nur die Frauenhäuser als Schutzeinrichtungen, sondern auch die Fachberatungsstellen zu Gewalt gegen Frauen müssen mitgedacht werden. Gewaltbetroffene Frauen brauchen qualifizierte Fachberatungsstellen mit nachhaltig finanzierten Ressourcen."
Teile der von der Koalition ebenfalls geplanten Reform des Familienrechts sehen Fachverbände wie der SkF kritisch. Angestrebt werden gemeinsame Beratungsformen für Eltern, die der Istanbul-Konvention widersprechen, weil sie die Situation gewaltbetroffener Frauen und Kinder nicht ausreichend berücksichtigen. "Partnerschaftliche Betreuung" oder Modelle, in denen die Eltern im sogenannten Wechselmodell abwechselnd ihre Kinder betreuen, kommen bei einer Elternschaft, die durch Gewalt extrem gestört ist, nicht in Frage. Dies darf auch nicht über "die Hintertür" gemeinsamer Beratung erzwungen werden", sagt Yvonne Fritz.
"In akuten Notsituationen müssen Frauen ungehindert Zugang zu Hilfeleistungen erhalten. Es ist nicht
nur wichtig, dass wir mehr Plätze in Frauenhäusern, auch durch Bundes- und Landesförderung, schaffen.
Wir müssen bürokratische Hürden abbauen und schnelle Hilfe gewährleisten, damit Frauen mit
Gewalterfahrungen nicht in einem Antragsdschungel versinken. Ich werde mich in Berlin dafür
einsetzen, dass wir hier gezielt Möglichkeiten suchen, die ersten Hilfen zu entbürokratisieren und die
Abläufe damit zu beschleunigen. Damit bleibt mehr Zeit für die wichtige Betreuung der Frauen. Auch
beim sozialen Wohnungsbau müssen wir einen Zahn zulegen. Ich freue mich, dass die Stadt Gießen hier bereits viel unternimmt und wir auch im Koalitionsvertrag den Bau von 100.000 Sozialwohnungen
beschlossen haben. Das ist ein wichtiger Schritt", erläutert Döring zum Abschluss des Termins.